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Magic Gifs

Zauber

Der Vollmond ist schon da! Hinter den Feigen
Siehst Du ihn kupferroth und kalt erscheinen.
Der Himmel hat das Blau von echten Weinen:
Und seht, der Mond erblaßt beim raschen Steigen.

Wie ist die Welt doch thierhaft jetzt und eigen:
Vielleicht wenn still die Sternelein erscheinen,
Für einen Augenblick mit sich im Reinen,
Und alle Seelen müssen dann auch schweigen.

Schon sind sie alle da! Die Szepter, Kronen!
Der Westen blos blieb gelber als Zitronen,
Und auch der Mond beginnt sich einzuschleiern.

Die fernen Glocken werden kurz nur tönen.
Es muß das Ohr sich an die Nacht gewöhnen.
Ich höre lauter Traumkonzerte feiern.

Theodor Däubler





Die Hexe

»Liebe Nachbarn, mit Vergunst!
Eine Hex, durch Zauberkunst,
Kann sich in ein Tier verwandeln,
Um die Menschen zu mißhandeln.

Eure Katz ist meine Frau;
Ich erkenne sie genau
Am Geruch, am Glanz der Augen,
Spinnen, Schnurren, Pfötchensaugen ...«

Der Nachbar und die Nachbarin,
Sie riefen: »Jürgen, nimm sie hin!«
Der Hofhund bellt: »Wau! wau!«
Die Katze schreit: »Miau!«

Heinrich Heine

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Magie

Aus unbeschreiblicher Verwandlung stammen
solche Gebilde-: Fühl! und glaub!
Wir leidens oft: zu Asche werden Flammen;
doch: in der Kunst: zur Flamme wird der Staub.

Hier ist Magie. In das Bereich des Zaubers
scheint das gemeine Wort hinaufgestuft...
und ist doch wirklich wie der Ruf des Taubers,
der nach der unsichtbaren Taube ruft.

Rainer Maria Rilke, 1924





Magie

Wie alles zudrängt, daß es sich mir binde!
Wie sucht mich alles, daß ich eines finde!
Vorschwebend Form, sie hängt mir wie ein Netz:
nun strömt es ein nach bindendem Gesetz
und setzt sich an, und alles Vorgefundne
wird, was es immer war: das mir Verbundne.
Ist dies ein Stück noch von der Außenwelt?
Steht es vor mir, weil ich es vorgestellt?
Ich und die Welt, wir hängen an der Kette,
ich und die Zeit, wir laufen um die Wette.
Vorbei an Worten, die zu schlafen schienen;
ein totes Wort hat sonderbare Minen.
Füllt sich der Raum mit Leichen und mit Larven,
schon reimen irgendwo im Traum die Harfen.
Nun schafft in den Kontur sich ein Gesicht
und in den fernen Tonfall ein Gedicht.
Da mischen sich die Stimmen mir zu Hauf
und jeder Blick reißt mir das Denken auf,
das wahllos sich ergibt und ohne Schranken
endloser Lust nie fertiger Gedanken,
und büß' in Zweifel ich und Ungeduld
die eigne Lust, so büß' ich fremde Schuld.
Unendlich Hasten, Tasten, Rühren, Spüren
und durch die Dinge in mich selber Führen!
Unendlich Langen, Hangen, Bangen, Fangen,
durch mich hindurch zum Urbild zu gelangen!
Und sollt' ich auf der Strecke auch erbleichen:
ich kann es nicht, doch muß ich es erreichen!

Karl Kraus, 1919





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Der Erlkönig

Johann Wolfgang von Goethe

Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Vater mit seinem Kind;
Er hat den Knaben wohl in dem Arm,
Er faßt ihn sicher, er hält ihn warm.

Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht? -
Siehst Vater, du den Erlkönig nicht?
Den Erlenkönig mit Kron und Schweif? -
Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif. -

"Du liebes Kind, komm, geh mit mir!
Gar schöne Spiele spiel ich mit dir;
Manch bunte Blumen sind an dem Strand,
Meine Mutter hat manch gülden Gewand."

Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht,
Was Erlenkönig mir leise verspricht? -
Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind;
In dürren Blättern säuselt der Wind. -

"Willst, feiner Knabe, du mit mir gehn?
Meine Töchter sollen dich warten schön;
Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn
Und wiegen und tanzen und singen dich ein."

Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort
Erlkönigs Töchter am düstern Ort? -
Mein Sohn, mein Sohn, ich seh es genau:
Es scheinen die alten Weiden so grau. -

"Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt;
Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt."
Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an!
Erlkönig hat mir ein Leids getan! -

Dem Vater grauset's, er reitet geschwind,
Er hält in den Armen das ächzende Kind,
Erreicht den Hof mit Mühe und Not;
In seinen Armen das Kind war tot.

1778

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's ist Mitternacht

Friedrich Hebbel

's ist Mitternacht!
Der eine schläft, der andre wacht.
Er schaut beim blauen Mondenlicht
Dem Schläfer still ins Angesicht;
Drin tut ein böser Traum sich kund,
Wie seltsam zuckt er mit dem Mund!
's ist Mitternacht!
Der eine schläft, der andre wacht.

's ist Mitternacht!
Der eine schläft, der andre wacht.
»So sah der Freund noch nimmer aus,
Er greift zum Dolch, es macht mir Graus,
Er stöhnt, er lacht - du triffst ja mich!
Erwache doch, ich rüttle dich!«
's ist Mitternacht!
Der andre ist nur halb erwacht.

's ist Mitternacht!
Der andre ist nur halb erwacht!
Er stiert, er ruft: so lebst du noch,
Verruchter, und ich traf dich doch?
So nimm noch den! Hei! der war gut!
Warm spritzt mir ins Gesicht dein Blut!
's ist Mitternacht!
Nun schlafen beide, keiner wacht.

's ist Mitternacht!
Sie schlafen beide, keiner wacht!
Du wüste Eul' im Eibenbaum,
Du krächztest ihn in diesen Traum,
Nun fängt die häm'sche Dohle an,
Ob sie ihn nicht erwecken kann.
's ist Mitternacht!
Gott gebe, daß er nie erwacht!


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Der Todesengel

Annette von Droste-Hülshoff

's gibt eine Sage, daß wenn plötzlich matt
Unheimlich Schaudern einen übergleite,
Daß dann ob seiner künft'gen Grabesstatt
Der Todesengel schreite.

Ich hörte sie, und malte mir ein Bild
Mit Trauerlocken, mondbeglänzter Stirne,
So schaurig schön, wie's wohl zuweilen quillt
Im schwimmenden Gehirne.

In seiner Hand sah ich den Ebenstab
Mit leisem Strich des Bettes Lage messen,
- So weit das Haupt - so weit der Fuß - hinab!
Verschüttet und vergessen!

Mich graute, doch ich sprach dem Grauen Hohn,
Ich hielt das Bild in Reimes Netz gefangen,
Und frevelnd wagt' ich aus der Totenkron'
Ein Lorbeerblatt zu langen.

O, manche Stunde denk' ich jetzt daran,
Fühl' ich mein Blut so matt und stockend schleichen,
Schaut aus dem Spiegel mich ein Antlitz an -
Ich mag es nicht vergleichen; -

Als ich zuerst dich auf dem Friedhof fand,
Tiefsinnig um die Monumente streifend,
Den schwarzen Ebenstab in deiner Hand
Entlang die Hügel schleifend;

Als du das Auge hobst, so scharf und nah,
Ein leises Schaudern plötzlich mich befangen,
O wohl, wohl ist der Todesengel da
Über mein Grab gegangen!


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